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Mein Weg zum Swiss Alpine Marathon

Wir befinden uns im Jahre 2011 n.Chr..

Die ganzen Alpen sind von Bergsteigern besetzt.

Die ganzen Alpen? Ja! Und ein kleiner CF’ler hat auf einmal ein Ziel: Einmal im Leben auf
einem 4000er stehen. Doch der Weg dahin ist lang und steinig. Geprägt von Höhen und Tiefen.
Von Motivation und Demotivation.

Jetzt fragt Ihr euch sicher: Was hat das mit laufen zu tun? Ich will es euch erklären.

Alles began im Juli 2011. Ein paar meiner damaligen Arbeitskollegen sind regelmässig zum
Klettern gegangen. Als ich das erfahren habe, habe ich Sie einfach mal gefragt, ob Sie mich mitnehmen
könnten, damit ich es ausprobieren kann.
Das hat mir soviel Spaß gemacht, dass ich im selben Jahr noch einen Kletterkurs besucht habe, um das Sichern richtig zu lernen.

Eines Tages im Jahr 2012, als ich mit einem der Kollegen (in der Zwischenzeit sind wir gut befreundet) wieder einmal beim klettern war, erzählte ich von meinem ersten 3000er den ich 1994, im Rahmen der Reha in Davos, erwandert habe. Das 3146 Meter hohe Schwarzhorn hat mich damals zu einem naiven Gedanken gebracht: „Wow wenn du dass geschafft hast, dann wird es doch machbar sein auch auf einen 4000er zu klettern. Das sind doch nur knapp 900 Meter mehr.“ Mit 14 ist man noch so schön Naiv.

Mein Kollege und Freund teilte mit mir die Leidenschaft auf Berge zu kraxeln und war früher schon mit seinem Vater viel in den Alpen unterwegs. Ich erinnerte mich im Laufe des Gespräches an die Situation auf dem Schwarzhorn. Wir kamen auf die Idee das ganze Umzusetzen. Ein schöner 4000er war schnell gefunden. Der Piz Bernina (4049m) im Engadin (Schweiz) sollte unser Ziel werden. Ich möchte hier aber nicht vom Bergsteigen sondern hauptsächlich vom Laufen berichten.

Rund 18 Jahre nach meinem ersten Davos-Trip ist man allerdings nicht mehr so naiv und weiß, dass ein 4000er zu besteigen was anderes ist, als auf einem gut präparierten Wanderweg auf einen sehr sehr einfachen 3000er zu stiefeln.

Also hieß es trainieren.

Schnell habe ich das Laufen für ich entdeckt. Der Gedanke dazu war ganz einfach: „Wer auf einem Berg LAUFEN möchte, der trainiert am besten mit was? – Richtig!-LAUFEN“

Schon in meinen Reha’s in Davos bin ich gerne gelaufen. Mal um den See, mal eine längere Wanderung, im Sommer wie auch im Winter. Alles fing ein halbes Jahr später ganz einfach mit „kleinen“ 5km Runden an zu Hause an.

Im Herbst 2013 benötigte ich für die 5,5 Km lange Strecke ohne Höhenmeter rund 45 Minuten.
Nach ein paar mal laufen wollte ich mehr, schneller werden, längere Strecken.
Leider blieb der Erfolg nur mässig. Eine I.V. durchkreuzte meine Pläne.
Als ich nach der Therapie wieder anfing zu laufen, war ich deprimiert. Ich war fast wieder am Anfang.
Aber ich blieb am Ball, kämpfte mich wieder zu den verbesserten Zeiten.

Ich bekam beim Laufen Schmerzen. Es wurde Herbst und schlechtes Wetter. Ab und zu war ich im FitnessStudio auf dem Laufband. Wegen der Knieprobleme welche ich aber immer nach einem Lauf bekam, blieb es bei nur sehr wenig Training. Immerhin soviel, dass dem ersten 10Km Lauf am Ditzinger-Lebenslauf nichts mehr im Wege stand.

Im April 2014
war es dann soweit: Ich lief meine ersten 10Km. Es war ein tolles Gefühl: „All’ diese Menschen sind hier, um für CF zu laufen.“ Das hat mich sehr berührt. Diese 10km lief ich rund 55 Minuten. Damals besaß ich noch leider keine Top-Marken Schuhe. Mit fatalen Folgen: Knie und Muskelschmerzen über mehrere Wochen. Es hat rund 5 Wochen gedauert, bis ich wieder ohne Schmerzen laufen konnte. Nach einigen Recherchen gab es dann, nach fachlicher Beratung, ein paar gute etwas teuerere Markenschuhe aus einem Fachgeschäft für Laufsport.

Und liebe Leser wenn ich euch einen guten Ratschlag geben darf:

1. Kauft billige Treter NUR wenn ihr das Laufen 2-3 mal probieren wollt. Wenn es euch spaßt macht:

2. Kauft NICHT einfach nur die Schuhe im Internet sondern BITTE BITTE BITTE geht in ein Fachgeschäft und lasst euch RICHTIG beraten. Ihr könnt so viel kaputt machen.

Das hat den Vorteil Ihr bekommt den Schuh der für euch perfekt ist und Ihr erhaltet damit den örtlichen Einzelhandel !

Aber zurück zur Story:

Zwei Jahre zuvor stromerte ein Freund mit mir immer wieder mal durch einen bergigen Wald hier bei uns. Ich kramte mein Fahrrad raus (iihhhh Fahrradfahren….bäh) und radelte die Strecke ab, weil ich weder die genaue Länge, noch die Höhenmeter kannte. Also hieß es erst mal die Strecke „abmessen“.
Es stellte sich heraus: Es sind rund 12Km und gute 240hm im Aufstieg. Es wurde, uns ist bis heute eine meiner liebsten Trainingsstrecken.

Beim nächsten mal blieb das Fahrrad zu Hause (Gott sei Dank, hab ich schon erwähnt das Ich Fahrradfahren nicht mag?) und die Laufschuhe wurden geschnürt.

Immer wieder kamen auch bei mir die I.V., welche mich immer wieder zurückwarfen. Aber ich blieb am Ball.

Im November 2014 erzählte ich meinem Chef (er läuft selber auch ganz gerne) vom Ditzinger-Lebenslauf und er war sofort von der Idee begeistert ein Firmenevent daraus zu machen. Wir schlugen dies unserer Firmenleitung vor und es wurde dann eine Firmenmannschaft von rund 23 Läuferinnen und Läufern.

Im April 2015 gingen wir dann gemeinsam an den Start;


Thomas_R1080590

 

Es wurde mein erster Halbmarathon. 21Km in 2h 05 Minuten. Nun hatte ich Langstrecken- Blut geleckt.
Es war nicht mein einziger Halbmarathon in diesem Jahr. Leider lief es von der CF her aber dann nicht mehr so gut. Ende Mai rutschte mein FEV1 um rund 20 Prozent ab und ich benötigte wieder 7 Wochen bis ich wieder halbwegs fit war. Dieser Einbruch hat mich leider auch die Teilnahme am Stuttgartlauf gekostet. Ich wäre sehr gerne mit meiner ehemaligen Physio gelaufen. Ich fing wieder an zu trainieren.

Anfang September 2015
wollte ich einen längeren Lauf machen, als Vorbereitung für den Baden-Marathon.15-18Km sollten mein Ziel sein. Ein Ziel war auch schnell gefunden: Ich lief zu meinem Dad nach Hause.Dummerweise habe ich bei der Streckenrecherche zwar die richtige Straße gewählt, wohl aber den falschen Ort. Von 19Km bin ich ausgegangen.Mit dieser Zahl im Kopf lief ich los. Irgendwann sagte Runtastic: „Distance 17km…“.Da war ich aber noch rund 7km von meinem Vater entfernt. Also gut… ich lief es bis zum Ende durch. Es waren 24,2km in 2h und 26m. Ich war so glücklich. War ich doch 8 Wochen zuvor noch so platt, dass ich kaum die Treppen hochgekommen bin.

Ein paar Tage später nutzte ich den StuttgarterNachtlauf als weiteren Trainingslauf.
Es war meine bis dato beste Zeit: 10Km in 0:52:58 also nicht ganz 53 Minuten.

Thomas_Stgt_NL_2015

Am 20.09.2015 war dann in Karlsruhe der Baden-Marathon. Wieder als Firmenteam lief ich für „mein“ Team die Halbmarathon Distanz. Leider hatte mich der Einbruch im Sommer soviel Kraft gekostet dass ich, die von mir angestrebte Zielzeit von 1h 59m 59sec, nicht geschafft habe. Es waren 2h 4m.

Im Oktober 2015 kam der nächste Einbruch wieder waren es rund 25% (FEV1) die ich verlor. Auf unter 60%. Ich war am Boden zerstört.
– Wie sollte ich so je meinen 4000er schaffen? (Ich war natürlich im Sommer ‚14 und ‚15 auch immer wieder auf Bergtouren)
– Meine alte Lungenfunktion werde ich wohl nicht mehr erreichen, oder?
– Was passiert nun?

Kurz ich hatte Angst dass ich mein liebstes Hobby’s (Bergtouren, Klettern und natürlich Laufen) nicht mehr so ausleben könnte.

Aber ich rafft mich auf. Nach wiederum 5 Wochen Krankheitsphase und Therapie,dachte ich bei mir:
„Verdammt stell dich nicht so an, du hast dich im Sommer wieder aufgerafft und kurz darauf 24km geschafft.  Such dir ein Ziel und fang wieder an.

Das habe ich getan. Da ich gerne in Davos war (und immer noch gerne und oft dort bin) war der SwissAlpineMarathon kein Fremdwort für mich. Ein Ziel war gefunden. Von meinen Schwiegereltern bekam ich zum Geburtstag die Anmeldegebühr geschenkt. Einen Tag nach meinem Geburtstag habe ich mich angemeldet. So hatte ich den nötigen Druck für’s Training. Mein Training war nun nicht mehr nur meine Runden laufen. Es wurde gezielter: Längere Dauerläufe (10-16km), Tempoläufe (kurze Distant auf Zeit), Nur Anstiege um die Sprungkraft zu trainieren…etc..

Im April 2016 waren wieder ein paar Kollegen, mein Chef und Ich (diesmal leider keine Firmenmannschaft) am Ditzinger-Lebenslauf dabei. Ich nutzte die Gelegenheit ohne den Zeitdruck, aber mit dem Gefühl eines Wettkampfes, mich an die 30Km ran zu tasten. 25Km waren mein Ziel.

Und ich habe Sie geschafft.

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(unser kleines Laufteam)

Aufgrund einiger Fehler während des Lauf’s bekam ich ca 2km vor dem Ziel ein Gefühl, wie wenn jemand einem den Stecker zieht:

  • Keine Kraft mehr in den Beinen, die Beine BLEI schwer, Waden-, Oberschenkel- und Zehenkrämpfe plagten mich die letzten 200 Meter bis ins Ziel. Als Resümee war dann schnell klar: Mehr trinken, Salzverlust ausgleichen, mehr Energie zuführen, sprich mehr essen. Solche 200 Meter wollte ich nie wieder erleben. NIE WIEDER !

Der Rest ist schnell erzählt. Ich trainierte weiter nach meinem Plan. Als Ausgleich zum Laufen ging ich noch 1-2 mal die Woche zum Klettern.

Anfang Juli, macht ich mich dann auf den Weg nach Davos. Ich wollte mir den Hauptanstieg (immerhin rund 9 Km) genauer ansehen und diesen mal laufen, um zu sehen wie die Charakteristik der Strecke ist. Ist Sie Steil und lang? Ist Sie stetig ansteigend und lang, dafür nicht so steil? Wie ist der Untergrund? Ist es Schotter, Waldweg oder Matsche?

Danach waren nur noch kleinere Läufe angesagt.

2 Wochen vor dem SwissAlpine lief ich dann noch einen 16Km Trainingslauf.Der letzte längere Lauf vor dem Event.Es folgte noch ein 5Km und ein 8Km-Regenerationslauf.

Dann war es soweit:

Am 27.07. packten wir die Koffer für Davos. Mann war ich nervös. Eine Mischung aus Freude, Angst und Hoffnung. Es war eine reine Achterbahn.

Donnerstag vor dem Lauf war ich dann noch mit meiner Frau klettern. Etwas Ablenkung und Ausgleich.

Dann hieß es: Startnummer abholen.


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Ich wurde immer nervöser.

Der Tag vor dem Lauf war gefüllt mit Bergbahn fahren und Kaffee trinken. Meine Ernährung habe ich in den Tagen davor auf Kohlenhydrate und Obst (Bananen) angepasst.

Dann war er da. DER große Tag. Er begann um 5.10Uhr, denn der Start war auf 7 Uhr angesetzt und wir mussten unser Übernachtungszimmer noch räumen.

Zum Frühstück gab es 2 Bananen. Die Laufklamotten wurden angezogen und das Auto beladen.

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Dann ging es ab zum Startbereich

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Ich reihte mich in die Schlange der Läufer ein.

Es waren noch 3 Minuten bis zum Start. Ich versuchte mich warm zu halten. Immerhin waren es nur 9 Grad um kurz vor sieben und das im kurzen Laufhirt und kurzen Hosen. *Bibber*

Mit dem Startschuss fiel alle Anspannung von mir. Die Beine bewegten sich. Ich kam in meinen Tritt. Schön zurückhaltend. Wohl wissend: Da liegen noch rund 29,5 Km vor dir. Ich hörte auf meine Atmung. Versuchte gleichmässig zu atmen.

Einatmen-Schritt,Schritt -Ausatmen.

Die ersten 2 Kilometer waren geschafft. „Nur noch 28km“. Mein Puls blieb konstant. Ich war im Rennen. Die ersten 8km liefen wie geschmiert. Unterwegs hatte ich sogar die Möglichkeit mich kurz mit einer netten Engländerin zu Unterhalten. Sie kam extra für das Rennen nach Davos. Ausserdem sprach mich eine nette ältere Schweizerin wegen meines CamelBags (Trinkrucksacks) an. Dieser gluckerte etwas und so kamen wir ins Gespräch. Rund 4Km liefen wir zusammen und redeten etwas. Bei Km11 begann zum erstmal meine linke Wade zu zwicken. Kein Krampf aber ein leichtes Zwicken.Ich nahm eine Salztablette und trank  wieder einen großen Schluck.

Es wurde wieder besser. Ich dachte „Gott sei Dank. Alles bloß bitte nicht schon hier Krämpfe“.
Aber meine Muskeln hielten gut durch (ausser dem Zwicken ab und zu). Ich konnte den Lauf und die Landschaft genießen.

Dann kam Km 21 das erste Mal, dass ich sehr emotional wurde. Ich dachte an meinen Bruder und an eine liebe Freundin. Diese 2 Menschen bedeuteten mir sehr viel. Deswegen widmete ich diesen Lauf auch den beiden.

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Zügenschlucht

Ich lief durch die Zügenschlucht nach Wiesen-Station. Es ging steil bergauf. Gehen war angesagt, an laufen war nicht zu denken. Zu steil. Dann ging es leicht bergab nach Wiesen-Station, über das Wiesnerviadukt. Nur noch 5km. Der Oberschenkel machte etwas Probleme. Kurz ausgedehnt. Weiter. Wieder geht es steil Bergauf.

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Wiesenerviadukt

Dann bei Km 26: Wadenkrampf aber ein ausgewachsener. Ich blieb stehen. Dehnte den Krampf aus.

Ein netter Laufkollege aus Neuseeland half mir mit etwas Elektrolyt-Lösung aus. Ich ging weiter. Nach rund 5 Minuten waren die Krämpfe im Griff. Und ich hatte noch Kraft. Die war mir damals in Ditzingen nicht mehr vergönnt. Immer wieder mal ein stärkeres Zucken der Muskeln mahnten mich: „Mach langsam, Du schaffst es sowieso“
Noch 1km bis zum Ziel. Ein paar Zuschauer feuerten uns an: „Jätzt goht’s nur no bergab!“
Noch 800 Meter, die Muskel spielen mit. Es läuft. Noch 150 Meter. Da das Ziel und da meine Frau!
Der Piepton der Zeitnahmematte ertönte: Ich hatte es geschafft. Weinend fiel ich meiner Frau um den Hals.

Ich hatte es tatsächlich geschafft !

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Eins ist mir klar: Ohne die Unterstützung, von Freunden und insbesondere meiner lieben Frau hätte ich das niemals so hinbekommen.

Auf diesem Weg möchte ich mich auch ganz speziell bei Markus Lukas für das Shirt-Design bedanken. DANKE !

Und danke an meine Frau. Danke, dass du mein Leben bereicherst! Danke, dass du für mich da bist ! DANKE ! Ich liebe Dich!

Ich möchte euch hiermit Mut machen, euch motivieren. Sucht euch einen Traum, ein realistisches Ziel. Steht auf wenn Ihr hinfallt. Kämpft weiter. Es ist ein so schönes Gefühl seine Träume auch zu erreichen. Ein Traum bzw. Ziel ist erfüllt.

Auch wenn der 4000er noch auf sich warten lässt. Ich werde Ihn schaffen. Irgendwann.
Um mit den Worten von meiner lieben Freundin zu schließen:

„Uff’s Läba“—(Auf’s Leben)

Thomas